Manfred Sauer über die Kirche, Gesellschaft und ermutigende Worte
Den Kopf nicht in den Sand stecken
Das Ende der Sommerzeit letzten Sonntag wäre eine Chance, nicht nur die Zeiger der Uhren umzustellen, sondern grundsätzlichere Überlegungen anzustellen. Für mich schwingt im Wort Umstellung das Moment der Veränderung, vielleicht sogar der Umkehr mit. Wir alle spüren, dass wir uns mitten in einer gesellschaftlichen, politischen und kirchlich-religiösen Umbruchszeit befinden: Klimawandel, Krieg im Nahen Osten und in der Ukraine, die bevorstehenden Wahlen in Amerika, Migration und immer noch das Thema Corona erzeugen ein Gefühl der Angst und Unsicherheit. Wir erleben einen Rechtsruck in Europa, etablierte Parteien verlieren Vertrauen und Einfluss. Und wir als Kirche befinden uns auch in einer Umbruchszeit. Steigende Austrittszahlen, die Hand in Hand gehen mit einem spürbaren Traditionsverlust sowie gesellschaftlichen Bedeutungsverlust.
Auch Martin Luther lebte und wirkte in einer Umbruchszeit. Er selbst hat mit seinen Thesen, mit seinen Schriften und in seinen Predigten eine Reformbewegung in Gang gesetzt, die Europa und die Welt verändert hat. Erneuerung durch Rückbesinnung auf die Heilige Schrift, die Bibel, auf das befreiende und heilsame Wort des Evangeliums! Veränderung durch das neu entdeckte Selbstbewusstsein, dass wir allein aus Gnade von Gott geliebt und gerecht gemacht sind.
Aus diesem Zuspruch erwächst auch heute noch Selbstvertrauen, das uns einlädt und anstachelt, Kirche und Gesellschaft mitzugestalten und den Kopf nicht in den Sand zu stecken. Wir haben eine Verantwortung und einen Auftrag, der aus dem Glauben an Jesus Christus wächst: Dass wir solidarisch und mitfühlend aufeinander achtgeben, dass wir versuchen, aufzuklären und die Wahrheit ans Licht zu holen. Heute am Reformationstag erinnern wir uns an das ermutigende Wort, das Luther zugesprochen wird: „Und wenn morgen die Welt unterginge, so würde ich noch heute ein Apfelbäumchen pflanzen.“
Beitrag von Manfred Sauer, Superintendenten der Evangelischen Kirche in Kärnten und Osttirol. In der Kleinen Zeitung am 31.10.2024, anlässlich des Reformationstages 2024
Herzliche Einladung zu den Reformationsgottesdiensten am Sonntag, dem 3. November 2024. Superintendent Manfred Sauer wird diese besonderen Feiern leiten – um 09:00 Uhr in der Schneerosenkirche in Hermagor und um 10:30 Uhr im Toleranzbethaus in Watschig. Musikalisch werden die Feiern von Wolfgang Unterberger und Hansi Grolitsch umrahmt.
Kommen Sie, und feiern Sie mit uns die Reformation.